Wahlärzte: Schluss mit der Show-Politik

Mein dringender Wunsch an die Politik: Hände weg von uns Ärztinnen und Ärzten! Lasst uns endlich in Ruhe arbeiten, und erspart uns bitte eure politischen Strategie- und PR-Spielereien insbesondere in Wahlkampfzeiten. Dafür ist die Gesundheitsversorgung viel zu wichtig, und jede Verunsicherung von Ärzten und Patienten ist alles andere als hilfreich.

Politische Vorstöße gegen die Ärzteschaft gab es in den vergangenen Jahren bis zum Überdruss. Erst kürzlich propagierte Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker seine Phantasie eines Teil-Berufsverbots: Ärztinnen und Ärzte sollen demnach 20 Stunden pro Woche im WIGEV-Spital arbeiten können und 20 Stunden in einem PVE. Aber zehn Stunden im öffentlichen Spital und den Rest in einer Privatordination, „das wird es in Zukunft nicht mehr geben“, teilte er über die Medien mit. Andreas Huss von der ÖGK sprang ihm umgehend bei und lobte den „wichtigen Diskussionsbeitrag“.

Wie bitte? Ist das wirklich ernst gemeint oder bloß eine populistische Attacke gegen angebliche Privilegien von wirklichen oder vermeintlichen ärztlichen „Besserverdienern“ im Kontext der Verhandlungen mit Personalvertretern? Dass jemand neben seiner Spitals-Tätigkeit als Wahlarzt zur Versorgung beitragen und dabei etwas dazuverdienen möchte, und das zu zumutbaren finanziellen Bedingungen und nicht zu ÖGK-Tarifen, das wär ja noch schöner. Das gehört natürlich abgedreht! Ein Appell an den Neidreflex darf dabei nicht fehlen.

Sachliche und rechtliche Basis des Hacker-Vorstoßes ist brüchig

Die sachliche Basis des Hacker-Vorstoßes ist allerdings brüchig. Nur rund ein Prozent der WIGEV-Spitalsärzte arbeiten weniger als 10 Stunden pro Woche, nicht alle sind auch als Wahlärzte tätig. Und rund 5 Prozent arbeiten im Spital 10 bis 20 Stunden. Der Vorschlag des Stadtrates wäre also praktisch ohne Auswirkung auf die Versorgung. Dafür gerieten die Teilzeitangestellten des WIGEV, größtenteils Frauen, noch stärker unter Druck.

Eine weiterer Schwachstelle – neben rechtlichen Bedenken – in Hackers Konzept: PVE suchen Allgemeinmediziner, in Spitälern arbeiten jedoch überwiegend Fachärzte.

Positive Angebote an uns Ärzt/innen und eine Attraktivierung unserer Tätigkeit

Der Vorstoß ist also bestenfalls Show-Politik, im schlimmeren Fall ein Schritt in Richtung Dirigismus und Planwirtschaft. Beides hat in einem zeitgemäßen Gesundheitssystem nichts verloren. Statt Drohungen, Verboten und Zwängen braucht es positive Angebote an uns Ärzte und eine Attraktivierung unserer Tätigkeit.

Untätig muss Stadtrat Hacker jedenfalls nicht bleiben. Er ist seit Jahresbeginn nicht nur für die Ärzte im WIGEV, sondern auch für die Anzahl der Kassenplanstellen in Wien zuständig. Er sollte sich also besser in diesen beiden Bereichen erfolgreich engagieren, als gemeinsam mit Herrn Huss von den selbst verursachten Problemen abzulenken, die es in Wien im Kassensystem und in den öffentlichen Spitälern seit Jahren gibt.