Der Fall VAMED zeigt die großen Gefahren der Konzernisierung

Die Aufspaltung und der geplante scheibchenweise Abverkauf von Österreichs wichtigstem Gesundheitskonzern VAMED zeigt deutlich, wie groß die Gefahr der Konzernisierung ist, vor der wir seit langem warnen. Seit einigen Wochen schon wird der Gesundheitskonzern offenbar filetiert. Die VAMED-Anteile an österreichischen Thermen, die technische Betriebsführung im AKH Wien und das österreichische Projektgeschäft sollen laut Medienberichten an die Baukonzerne Porr und Strabag gehen. Die Reha-Sparte, die in Österreich 17 Häuser umfasst – darunter Reha-Zentren, Altersheime und Entzugskliniken – sollen zu 67 Prozent an einen französischen Investmentfonds verkauft werden. Dieser Fonds steht in der Kritik, den Wert seiner Investments mit Qualitätsabbau in die Höhe zu treiben und diese dann mit Gewinn abzustoßen.

Negative Erfahrungen in Deutschland

In Deutschland hat der Fonds bereits im großen Stil Zahnarztpraxen erworben und war Ende 2023 drittgrößter Großinvestor im Bereich zahnärztlicher Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) – hinter einer Private Equity Gesellschaft aus Bahrain und der Jacobs Holding aus dem Umfeld der gleichnamigen Kaffee-Dynastie. Leidtragende waren Zahnärztinnen und Zahnärzte, die teils massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen beklagten, und die Patientinnen und Patienten. Die deutsche Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung übt in einem aktuellen Bericht scharfe Kritik an investorengetragenen MVZ: Sie würden keinen nennenswerten Beitrag zur Versorgung in strukturschwachen, ländlichen Gebieten leisten und kaum an der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderung im Rahmen der aufsuchenden Versorgung teilnehmen. Es bestehe eine große Gefahr durch Marktkonzentrationen und zudem seien auch die Arbeitszeitmodelle für die Ärztinnen und Ärzte keinesfalls besser – im Gegenteil: Bei der Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten, hätten investorengetragene MVZ die schlechteste Teilzeitquote von allen Praxisformen.

Gesundheit ist kein Spekulationsobjekt

Solche Entwicklungen müssen gestoppt werden. So darf man mit Gesundheitseinrichtungen und mit  Patientinnen und Patienten nicht umgehen. Gesundheit ist kein Spekulationsobjekt. Seit Jahren beobachten wir das Vordringen fachfremder Kapitalinvestoren in den Gesundheitsmarkt mit großer Besorgnis, in Österreich kämpft die Ärztekammer vehement dafür, dass Finanzinvestoren nicht in PVE einsteigen dürfen. Denn ein stark investorengetriebenes Gesundheitssystem lässt natürlich negative Auswirkungen auf die Qualität der medizinischen Versorgung befürchten. Wenn nicht mehr Ärzte als Angehörige eines freien Berufes eigenverantwortlich, nur dem Patientenwohl verpflichtet und nach bestem Wissen und Gewissen diagnostische und therapeutische Entscheidungen treffen, sondern ein dominierend betriebswirtschaftliches Kalkül regiert und das ärztliche Handeln einer rein finanziellen Nutzenoptimierung untergeordnet wird, wird es zu Über-, Unter- oder Fehlversorgung kommen.

Wir brauchen dringend strengere und restriktivere gesetzliche Regulierung von Investorenbeteiligungen

Mein dringender Appell an die Politik: Wir brauchen dringend eine strengere und restriktivere gesetzliche Regulierung von Investorenbeteiligungen in medizinischen Bereichen. Und legen Sie beim VAMED-Verkauf eine Vollbremsung hin, bevor es zu spät ist!