Die Ergebnisse unserer aktuellen Erhebung bestätigten leider unsere Befürchtungen: In Wiens Kassenarztpraxen haben sich die Wartezeiten auf einen Termin seit 2012 deutlich verlängert, in einzelnen Fächern kam es zu einer Vervielfachung. Zunehmend können viele Ordinationen – in der Allgemeinmedizin ist es inzwischen jede dritte – aus Überlastungsgründen keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Überlange Wartezeiten auf einen Kassenarzt-Termin sind nicht nur ein Ärgernis für Patienten, sondern auch für Ärztinnen und Ärzte, die gerne auch in Terminfragen service- und patientenorientierter vorgehen möchten. Aber dazu in einem mangelhaft ausgestatteten solidarischen Gesundheitssystem nicht in der Lage sind: Weil der kassenärztliche Bereich schwer unterversorgt ist und weil sie mit ihren Problemen von Politik und Sozialversicherungen weitgehend alleingelassen werden.
Lange Wartezeiten: Folgen jahrelanger Versäumnisse der politisch Zuständigen
Lange Wartezeiten sind nicht auf individuelle schlechte Organisation zurückzuführen, sondern auf jahrelange Versäumnisse der politisch Zuständigen. Entsprechend verlängern sich in einem vernachlässigten Versorgungssystem die Wartezeiten, und es sinkt die Zufriedenheit. Wenige Tage nach der Präsentation unserer Wartezeiten-Untersuchung von Dr. Hayek folgte nicht nur die Bestätigung unserer Ergebnisse durch eine neue Studie des Austrian Health Forum. Dabei zeigt sich auch, dass nur 9 Prozent der Bevölkerung mit dem Gesundheitssystem „sehr zufrieden“ sind.
Wiens Bevölkerung ist seit 2012 um 16 Prozent gewachsen, die Anzahl der Kassenärztinnen und -ärzte um 12 Prozent gesunken. Dieser Trend führt auch dazu, dass Patienten häufig notgedrungen in Spitäler ausweichen müssen, die ja nach dem Bekunden der Politik eigentlich entlastet werden sollten. Andere entscheiden sich, wenn sie es sich leisten können, für das Wahlarztsystem. Ohne Wahlärztinnen und -ärzte würde unsere Versorgung wohl kollabieren. Ihre Leistungen sollten von Politik und Sozialversicherungen entsprechend gewürdigt und unterstützt werden. Also so ziemlich das Gegenteil von dem, was Wiens Gesundheitsstadtrat Hacker und ÖGK-Huss zuletzt wieder verlautbaren ließen.
Zügiger Ausbau des kassenärztlichen Bereichs
Lösen kann die Engpässe im solidarischen Versorgungssystem nur ein zügiger Ausbau des kassenärztlichen Bereichs mit entsprechenden Investitionen. Die von der Politik versprochene Patientenmilliarde würde alleine für Wien dringend benötigt werden. Bessere Kassenverträge würden diesen Beruf wieder attraktiver machen, könnten wohl manchen Wahlarzt davon überzeugen, sich auf einen Kassenvertrag einzulassen, und würden die Spitäler entlasten.
Das Thema Wartezeiten muss ein Weckruf für die Verantwortlichen sein, die unser Kassensystem konsequent vernachlässigt haben. Sie sollen jetzt endlich im Sinne der Bevölkerung aktiv werden.