Mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) und mit der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) sind gute zukunftsorientierte Gespräche in Hinblick auf eine bevorstehende zweite Corona-Welle möglich. Doch leider ist die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) als größter Gesundheitsplayer, bei der über sieben Millionen Österreicherinnen und Österreicher versichert sind, diesbezüglich eine Enttäuschung. Anstatt aus den bisherigen Erfahrungen der ersten Corona-Welle und des Shutdown zu lernen und das Positive mitzunehmen und auszubauen, ist die Stoßrichtung der ÖGK-Verantwortlichen schlicht rückwärtsgewandt: Die ÖGK nimmt ihre Kernaufgabe, für eine vorausblickende Gesundheitsversorgung in Österreich zu sorgen, nicht wahr.
Auf Länderebene ist zwar eine grundsätzliche Bereitschaft für eine vernünftige Vorbereitung erkennbar, das darüberstehende Dach der ÖGK-Führung steht aber auf der Bremse. Das beginnt bereits bei der verantwortungsvollen Vorbereitung und Planung der Beschaffung von ausreichend Schutzausrüstung für den Gesundheitsbereich, wo eine klare Zusage für die Vertragspartner fehlt. Ebenso geht die ÖGK beim Thema Impfen, insbesondere in Hinblick auf die gefährliche Kombination der jährlichen Influenzasaison mit einer zweiten Corona-Welle, in Deckung – da fehlen Überlegungen für die Zukunft.
Auch Corona-Tests sollen weiter Privatsache oder Sache der Länder bleiben und werden nicht zu den Kassenleistungen aufgenommen, obwohl eine umfangreiche Testung der Bevölkerung im allgemeinen Interesse liegt.
Für den niedergelassenen Kassenarztbereich gibt es seitens der ÖGK auch keine fortschrittlichen Visionen. So wurde etwa das telemedizinische Angebot der Ärzteschaft von den Patientinnen und Patienten während der Corona-Zeit stark in Anspruch genommen. Dieses System sollten wir gemeinsam ausbauen, und vor allem muss es auch im Honorarkatalog der ÖGK entsprechend abgebildet werden, damit die Ärztinnen und Ärzte ihre telemedizinischen Leistungen auch entsprechend abgegolten bekommen. Leider ist aber das Gegenteil der Fall: Die ÖGK will diverse Leistungen ab Oktober, also möglicherweise genau mit Beginn der zweiten Corona-Welle, wieder wie früher limitieren, statt Telemedizin auszubauen und Limitierungen zu lockern, um den niedergelassenen Bereich in der Krise stabil zu halten.
Zu guter Letzt ist die Unterstützung der ÖGK auch bei der Problematik von Ausgleichszahlungen für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte für die Zeit des Shutdown absolut nicht das, was junge Ärztinnen und Ärzte überzeugen könnte, Kassenärzte zu werden. Die ÖGK-Funktionäre vergessen dabei, dass die Kassenärzte während dieser Zeit ihre Ordinationen offen halten mussten und dies auch taten, aber das Patientenaufkommen und damit auch ihre Einnahmen massiv zurückgingen.
Es ist für mich völlig unverständlich, dass beispielsweise in Deutschland die Sozialversicherungen längst Ausgleichszahlungen beschlossen haben, jedoch die ÖGK hier noch immer im Verbund mit der Bundesregierung gesundheitspolitischen Beton produziert.