Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,
in der Ärztekammer arbeiten wir natürlich unter Hochdruck, unsere Anstrengungen sind dem Ziel verpflichtet, die Corona-bedingten Risiken für Ärzte und Patienten im Rahmen des Möglichen zu minimieren. Dabei geht es nicht nur um gesundheitliche Risiken, sondern letztlich auch um finanzielle oder sogar existenzielle, die bei den unternehmerisch tätigen niedergelassenen Ärzten ungleich höher sind als bei angestellten. Hier suchen wir die bestmöglichen Lösungen, und tragen als Ärztevertretung auch massiv dazu bei.
Dass in Wien die Ärztekammer und der Ärztefunkdienst in den Corona-Notfallplan eingebunden waren und sind, hat sich sehr bewährt und dazu beigetragen, die Ausbreitungs-Kurve des Virus in der Bundeshauptstadt vergleichsweise flach gehalten.
Das wurde unter anderem dadurch möglich, dass die Kurie niedergelassene Ärzte den Patienten empfohlen hat, Arztpraxen bei Corona-Verdacht nicht aufzusuchen und stattdessen 1450 anzurufen, um Infektionen von Ärzten und Patienten möglichst zu vermeiden. Ein rasch bereit gestelltes mehrsprachiges Plakat für Ordinationen hat Patienten zusätzlich über diese Möglichkeit informiert.
Das „Mobile Home Sampling Team“ des Ärztefunkdienst 141 wurde aufgestockt und mit Schutzausrüstung ausgestattet, um Patienten zu Hause zu testen, sollte das Telefongespräch mit 1450 einen Corona-Verdacht erhärten.
Bei positivem Testergebnis durch den Ärztefunkdienst und harmlosem Krankheitsverlauf können Patienten zu Hause bleiben, ohne dass sie in einer Arztpraxis oder einem Spital eventuell weitere Menschen infizieren. Die Nachbehandlung von positiv getesteten Patienten, die aufgrund ihres Gesundheitszustands zu Hause bleiben können, wird vom Ärztefunkdienst übernommen. Ärzte, die das Ärztefunkdienst-Team unterstützen möchten, mögen sich bitte bei der Wiener Ärztekammer (cor_arzt@aekwien.at) melden.
Die Kurie niedergelassene Ärzte hat auch empfohlen, Arztbesuche auf besonders dringende Fälle zu reduzieren, und das erst nach telefonischer Abklärung ihrer tatsächlichen Notwendigkeit. Vieles lässt sich online abwickeln, ein guter Weg in Corona-Zeiten. Auch das extra eingeführte elektronische Rezept schützt Ärzte und Patienten.
Zusätzlich zu weiteren Maßnehmen zur Verringerung der sozialen Kontakte haben diese und weitere Maßnahmen dazu beigetragen, dass in Wien die Infektions-Kurve im Österreich-Vergleich vergleichsweise flach gehalten werden konnte und auch international als vorbildlich gilt. Generell hat sich die Ärzteschaft hier von Anfang an stark eingebracht, medizinische Expertise war und ist nicht nur die Grundlagen der Ärztekammer-Empfehlungen, sondern auch der Vorgaben der Politik.
Bekanntlich kommen noch viele weitere große Herausforderungen auf uns zu. Eine der größten ist, den Mangel an Handschuhen, Masken, Körperabdeckungen, sowie Desinfektionsmitteln möglichst bald zu beheben. Das wird erschwert durch den weltweiten Run auf solche Produkte, aber auch durch häufig dubiose Anbieter mit zweifelhafter Ware. Die Kurie niedergelassene Ärzte aktiviert derzeit alle bestehenden Kontakte und ist laufend auf der Suche nach neuen Kanälen, um qualitätsvolle Schutzmaterialien zu beschaffen. Hier kooperieren wir sehr intensiv mit der Stadt Wien, der Bundesregierung und der Österreichischen Gesundheitskasse.
Natürlich sind wir auch regelmäßig im Kontakt mit niedergelassenen Ärzten, um deren Bedarf an Schutzmaterialien zu erfragen. Weil diese Sondierungsgespräche, je nach Fach und Patientenfrequenz, zu recht uneinheitlichen Ergebnissen geführt haben, gaben wir eine kurzfristige Umfrage in Auftrag, um den individuellen Bedarf systematisch zu erheben. In einer von Knappheit geprägten Situation ist es besonders wichtig, die Schutzmaterialien nicht nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen.
Die aktuelle Corona-Krise, deren Dauer derzeit nicht abgeschätzt werden kann, wird niedergelassenen Ärzten auch wirtschaftlich massiv zusetzen und kann Einkommensausfälle bis hin zur Existenzbedrohung bedeuten. Hier werden wir uns massiv dafür einsetzen, dass Ärztinnen und Ärzte beim auf rund 38 Milliarden Euro berechneten Covid-19-Gesetzespaket, diesem „Schutzschirm über die Volkswirtschaft“ (Finanzminister Gernot Blümel), entsprechend starke Berücksichtigung finden. Es kann nicht sein, dass Ärzte, die immerhin an vorderster Front der Corona-Versorgung hohe Risiken eingehen, finanziell weniger gut behandelt werden als andere Berufsgruppen.
Die aktuelle Corona Viren-Krise können wir nur gemeinsam lösen: Durch partnerschaftliches und solidarisches Handeln aller Akteure im Gesundheitswesen, und durch ein verantwortungsvolles, sich an die Empfehlungen und Vorgaben der Medizin und Politik haltendes Verhalten der Bevölkerung. Hier ist ein gut funktionierender Schulterschluss gelungen, einmal mehr mein Dank an alle, die daran beteiligt sind.
Mit vielen Grüßen,
Johannes Steinhart