Appell an die Politik: Anpassung des Hausärzte-Honorarkataloges als Akutmaßnahme zur Sicherung der kompetenten Pflege zu Hause

Verfolgt man die Schlagzeilen und Presseaussendungen der der vergangenen Tage und Wochen, so wird klar, dass die Politik die Bedeutung des Themas Pflege erkannt hat – nicht nur in Österreich. Das Thema ist in der Tat brisant und erzeugt ein hohes Maß an Betroffenheit: Fast jede/r kennt jemanden aus dem Familien- und Freundeskreis, für den das Thema Pflege Aktualität besitzt. Und wir wissen aus zahlreichen Umfragen, dass immer mehr Menschen mit Beunruhigung dem eigenen Alter entgegensehen, weil sie nicht wissen, wie das gegebenenfalls mit der Pflege aussehen wird. Dass also die Politik sich dieses Themas annimmt, ist für sie wohl von existentieller Bedeutung. Und weil immer mehr Menschen immer älter werden, wird sich dieses Thema nicht – wie die Politik das in Österreich oft so schätzt – irgendwie „von selbst erledigen“.

Es sind also von der Politik geeignete Maßnahmen – u. a. gegen den Hausärzte-Mangel zu fordern – allerdings wären viele davon nur von mittel- bis langfristiger Wirksamkeit (wenn sie denn ergriffen würden).

Und weil viele Menschen, wenn sie alt und immobil werden, sich nicht in ein Pflegeheim oder ein Spital „verpflanzen“ lassen möchten, hat die Pflege und Betreuung zu Hause einen hohen Stellenwert – von sozialpolitischen und finanziellen Aspekten abgesehen, denn Betreuung zu Hause ist bekanntlich viel kostensparender, als wenn jemand Pflegebedürftiger ohne medizinischen Grund ein Spitalsbett belegt.

Und hier sind wir beim Stellenwert der Hausärzte bei der Betreuung und Pflege immobiler Menschen zu Hause: Wer soll Krankheiten diagnostizieren, Krankheitsverläufe beobachten und bewerten, Medikamente verschreiben, Therapien anpassen und die Pflege instruieren, wenn nicht eine Ärztin oder ein Arzt? Eine sehr aufwändige und für Ärzte oft ausgesprochen belastbare, aber extrem wichtige Tätigkeit. Auf den Punkt gebracht: Ohne den Einsatz und die Expertise von Hausärztinnen und Hausärzten ist eine kompetente Betreuung immobiler Menschen zu Hause de facto nicht möglich.

Tatsächlich sind aber die wichtigen ärztlichen Leistungen, die in diesem Zusammenhang erbracht werden, im Honorarkatalog der Krankenkassen und im Honorierungssystem der Gemeinden nicht realistisch abgebildet. Viele Hausärzte sind aufgrund zunehmender Patientenzahlen und üppiger Bürokratie schon jetzt überlastet, und für eine geradezu unzumutbar niedrige Honorierung wird man von ihnen nicht erwarten können, die aufwändigen Zusatzleistungen in der Pflege zu Hause zu leisten.

Mein Appell an Gesundheitspolitik und Sozialversicherungen: Als Akutmaßnahme müssen die Honorare für ärztliche Tätigkeiten für die Pflege zu Hause präzise definiert und auf ein Niveau angehoben werden, das dem tatsächlichen Aufwand entspricht. Die „Kassenreform“ und die Umwandlungen der GKK in die Österreichische Gesundheitskasse bietet dafür einen geeigneten Anlass und Rahmen.

Diese Anpassung der Honorare ist die Voraussetzung dafür, dass sich mehr Hausärzte zu dieser Tätigkeit bereit erklären. Wenn die Politik das Thema Pflege tatsächlich ernst nimmt, wird sie auch die finanziellen Mittel dafür aufstellen können.