Ein klares Nein zum Sparen am Patienten. Bundesregierung plant, die Ausgaben für die Leistungen im niedergelassenen Ärztebereich in den nächsten zwölf Monaten einzufrieren. Ein Abänderungsantrag zum ASVG sieht nämlich vor, dass in den Vertragsverhandlungen nur mehr die Finanzsituation der Kassen eine entscheidende Rolle spielt und nicht mehr die Notwendigkeiten einer kassenärztlichen Versorgung. Das gesamte Versicherungsrisiko wird den Ärzten aufgebürdet: Kommen mehr Patienten, gibt es keine Tariferhöhungen. Auch die befristeten Gesamtverträge mit Nullrunden bis Ende 2019 wurden verlängert.
Hat sich eine Industrie- und Wirtschaftslobby durchgesetzt?
Das bedeutet nichts anderes, als dass es längst fällige Investitionen in dringend erforderliche Leistungsausweitungen in das Kassensystem schlicht und einfach nicht geben soll. Innerhalb der Regierung hat sich offensichtlich eine Industrie- und Wirtschaftslobby durchgesetzt, der Sparen im Sozialstaat wichtiger ist als das, was die Menschen und unser solidarisches Gesundheitssystem brauchen: Nämlich mehr Leistungen im niedergelassenen Bereich, mehr Hausärzte und medizinische Leistungen und nicht weniger.
Offensichtlich lassen sich Teile der Bundesregierung von der Befürchtung leiten, dass die insgesamt sehr guten Ergebnisse in Wien, die durch ein gemeinsames Vorgehen von Ärztekammer, WGKK und Stadtpolitik möglich wurden, auch von anderen Bundesländern zum Vorbild genommen und umgesetzt werden könnten. Reflexhaft wird gleich die gesetzliche Notbremse gezogen, statt in einen längst fälligen Leistungsausbau bei der niedergelassenen ärztlichen Versorgung auch in den anderen Bundesländern zu investieren.
Vorhaben der Regierung hinterlässt Ratlosigkeit
Insgesamt hinterlässt das Vorhaben der Regierung eine gewisse Ratlosigkeit. Will die Regierung nun den niedergelassenen Bereich, dazu gehören auch die geplanten Primärversorgungseinheiten, stärken, und damit auch die Spitalsambulanzen wirksam entlasten, wie es im Regierungsprogramm steht? Oder ist man davon unter dem Druck einer Industrie- und Wirtschaftslobby bereits abgerückt und will etwas ganz Anderes? Setzen sich Vertreter der Industrie durch oder Verfechter eines starken Sozialstaates? Die Bevölkerung hat jedenfalls ein Recht darauf, über die Pläne der Regierung informiert zu werden.
Patienten und Ärzte dürfen nicht die ersten Opfer der Kassenfusion werden
Im Sommer werde ich mich mit meinen Kollegen aus den Bundesländern beraten, wie wir hier vorgehen und welche Maßnahmen wir setzen werden. Für die Ärzteschaft sind derartige Angriffe auf den Gesamtvertrag nicht einmal zeitlich befristet akzeptabel. Wir erwarten uns von der Bundesregierung eine rasche Klarstellung mit Terminen, wann diese Maßnahmen zurückgenommen werden. Wir werden nicht akzeptieren, dass Patienten und Ärzte die ersten Opfer der Kassenfusion werden.
Der Gesetzgeber definiert acht Kriterien, darunter den aktuellen Stand der Wissenschaft und Qualitätsvorgaben, die bei Gesamtvertragsverhandlungen anzuwenden sind. Dass jetzt nur noch von Ausgaben die Rede ist, ist alarmierend, da wird Finanzpolitik auf dem Rücken der Menschen betrieben und die Ärzte immer mehr ins Wahlarztsystem gedrängt.
Einfrieren der Ausgaben bedeutet Rückschritt in der Versorgung
Tatsächliche bedeutet ein Einfrieren der Ausgaben einen Rückschritt in der Versorgung. Eine wachsende und älter werdende Bevölkerung, aber auch die immer besser und damit auch teurer werdenden Diagnose- und Behandlungsmethoden verursachen selbstverständlich zusätzliche Ausgaben. Wer also die Ausgaben einfriert, hat damit zwangsläufig Leistungskürzungen zu verantworten.