Ambulatorien-Boom geht in die falsche Richtung. Zu fordern sind bessere Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte.
Jetzt haben wir es von der Spitze des Hauptverbandes schriftlich, dass ärztliche Leistungen, die von Kassen-Ambulatorien erbracht werden, mehr öffentliches Geld kosten als im niedergelassenen Ärztebereich. Außerdem haben wir die Bestätigung, dass es mit den Kassenhonoraren in einigen medizinischen Fachrichtungen zunehmend schwierig bis unmöglich ist, Arztpraxen gewinnbringend zu betreiben. Die Quelle dieser Aussagen: niemand Geringerer als Hauptverband-Generaldirektor Dr. Josef Probst.
Der Hintergrund: In einem Schreiben von Probst an das Gesundheitsministerium, das der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der NEOS zur „Rentabilität von Kassenambulatorien“ durch die Gesundheitsministerin beigelegt ist, wird von Probst ausdrücklich festgestellt, dass „Fixkosten in den Ambulatorien deutlich höher als im niedergelassenen Bereich“ seien.
Kassenambulatorien-Boom kostet unverhältnismäßig viel Geld
Damit wird klar, dass der Boom der Ambulatorien z. B. der WGKK unverhältnismäßig viel Geld kostet. Diese Ambulatorien machen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zusätzlich Konkurrenz. Sie können das aber nur, weil – am Beispiel Wiens – die WGKK offensichtlich bereit ist, für in ihren eigenen Ambulatorien erbrachte Leistungen mehr Geld auszugeben als für eine Kassenärztin oder einen Kassenarzt. Die Kasse finanziert also ihre eigenen teuren Leistungen, indem sie unverhältnismäßig viel Versicherten-Geld dafür ausgibt. Ein „Best Point of Service“, wie ihn sich die Regierung wünscht, schaut anders aus. Und den niedergelassenen Ärztebereich trocknet man seit Jahren aus und will ihn durch Versorgungszentren und teure Kassenambulatorien ersetzen.
Weiters, schreibt der HV-Generaldirektor, seien die sonstigen betrieblichen Rahmenbedingungen mit jenen des niedergelassenen Bereiches „nicht vergleichbar“: Beispielsweise dürften die Zahnambulatorien der Kassen mittlerweile zwar auch gewisse Privatleistungen erbringen, so Probst, im Gegensatz zum niedergelassenen Bereich jedoch nur zu kostendeckenden Tarifen ohne Gewinnaufschlag. „Die in niedergelassenen Praxen übliche „Querfinanzierung“ (Gewinn bei Privatleistungen, Verlust oder maximal Kostendeckung bei Kassenleistungen) lässt sich daher nicht auf die Ambulatorien übertragen“, so Probst in seinem Schreiben an das Ministerium.
Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für niedergelassene Kassenärzte – hier sind die Sozialversicherungen in die Pflicht zu nehmen
Damit haben wir von der HV-Spitze die Bestätigung der von der Ärzteschaft schon seit langem geäußerten Kritik, dass es immer schwieriger wird, eine Kassenpraxis gewinnbringend zu führen. Kein Wunder also, dass sich heute immer mehr Kolleginnen und Kollegen für eine Tätigkeit als Wahlärztin oder Wahlarzt entscheiden und keinerlei Interesse an einem Kassenvertrag haben. Die Schlussfolgerung: Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für niedergelassene Kassenärzte, damit dieser Beruf wieder attraktiver wird – hier müssen die Sozialversicherungen in die Pflicht genommen werden, deren Aufgabe es ist, den Bürgerinnen und Bürgern die Leistungen der sozialen Medizin zugänglich zu machen. Und die Krankenkassen sollen sich auf das ausreichende Bezahlen von Leistungen beschränken und nicht den niedergelassenen Ärzten mit überteuerten Leistungen Konkurrenz machen.