Polizei-Ermittler dürfen keine Taten provozieren – OGH-Verbot wirft auch bei „Mystery Shopping“ rechtliche Fragen auf
Seit Einführung der „Mystery Shopping“-Richtlinie durch die Krankenkassen können Kassenspitzel mit gefälschten Identitäten und falschen Angaben Ärztinnen und Ärzte zu einer Straftat verleiten, und das ohne jeglichen Anfangsverdacht. Dass hingegen bei der Polizeiarbeit gegen die Drogenkriminalität nicht so einfach ermittelt werden darf, macht das jüngste Urteil des OGH (Geschäftszahl 2 Os 5/16a-10) deutlich. Verdeckte Ermittler hätten sich demnach „auf eine im Wesentlichen passive Ermittlung strafbarer Aktivitäten zu beschränken“. Ihnen ist untersagt, „einen solchen Einfluss auf die Person auszuüben, dass diese zur Begehung einer Tat verleitet wird, die sie sonst nicht begangen hätte“. Liegt eine „unzulässige Tatprovokation“ vor, ist zukünftig von der strafrechtlichen Verfolgung abzusehen.
Dieses Urteil bestätigt zweifelsfrei, was die Ärztekammer seit der Einführung von „Mystery Shopping“ in den Ordinationen gesagt und wovor sie aus rechtlicher Sicht gewarnt hat. Wir fordern deshalb den Gesetzgeber einmal mehr auf, den „Mystery Shopping“-Paragraphen zu streichen.
Uns Ärztinnen und Ärzten kann jeder Krankenkassen-Funktionär, wann immer er will, Spione in die Ordinationen schicken. Dass dies nicht nur ein Vertrauensbruch, sondern auch ein Rechtsbruch ist, wird nun vom OGH-Urteil noch unterstrichen. Drogenhändler haben in Österreich aktuell mehr Rechte hätten als niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
Während die Polizeiarbeit nun klaren Regeln unterliegt, besitzt der Spion einer Krankenkasse eine Macht, die fast an eine DDR 2.0. erinnert. Polizei-Ermittler dürfen keine Taten provozieren, aber Kassenspitzel können weiter unbescholtene Ärztinnen und Ärzte zur Begehung einer strafbaren Handlung verleiten.
Rückenwind für Rechtsweg gegen „Mystery Shopping“
Das OGH-Urteil des ist einmal mehr eine Bestätigung dessen, was der Ärztekammer bereits von zwei Gutachtern attestiert wurde: Der Verfassungsrechtler Prof. Heinz Mayer und Prof. Alois Birklbauer vom Institut für Strafrecht in Linz haben in ihren Gutachten der „Mystery Shopping“-Regelung jeweils eindeutige Rechtswidrigkeit bescheinigt. Prof. Mayer sieht den entsprechenden Paragraf 32a im ASVG und die darauf aufbauende Richtlinie als „ohne Zweifel verfassungswidrig“ an, wenn Krankenkassen ohne Anfangsverdacht Lockspitzel in die Ordinationen schicken, um Ärztinnen und Ärzte zu Straftaten zu verleiten. Auch Prof. Birklbauer führt in seinem Gutachten aus, dass verdeckte Ermittler keine Tat provozieren dürften.
Das alles bestätigt sehr klar, dass Methoden wie „Mystery Shopping“ in der ärztlichen Qualitätskontrolle nichts verloren haben. Solche Mittel vergiften nicht nur die Arzt-Patienten-Beziehung, sie vergiften auch den Rechtsstaat. Das Urteil gibt uns zusätzlich Rückenwind für einen angestrebten Rechtsweg und stärkt unsere Forderung an die Politik, den Spitzel-Paragraphen sofort abzuschaffen.