Einige Aussagen der neuen Bundesministerin für Gesundheit, Dr. med. Sabine Oberhauser, ließen bereits aufhorchen und heben sich positiv von sehr Vielem ab, was in den vergangenen Jahren aus dem Gesundheitsministerium zu hören war. Während sich die Politik ihres Vorgängers zum Beispiel in Sachen Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) völlig eingemauert hat, räumte Dr. Oberhauser bereits gegenüber Medien ein: „Datensicherheit und Patientensicherheit müssen gegeben sein. Wenn diese Punkte ordentlich sind, dann gibt es ein Datum“ – der bisherige Zeitplan sei also nicht bindend. Und: „Wenn ELGA nicht so funktioniert, dass jemand rasch den Nutzen sieht, wird er sich dagegen wehren … Gesundheitspolitik kann man nicht gegen Ärzte machen.“
Das sind eigentlich alles Selbstverständlichkeiten – aber man ist, wie gesagt, in der jüngeren Vergangenheit nicht verwöhnt worden. Dr. Oberhausers Worte geben aber, und das ist sehr erfreulich, auch Hinweise auf eine etwas realistischere Sicht der Dinge, als man sie in den vergangenen Jahren gewöhnt war: Als eine ELGA mit hochproblematischen Defiziten und vielen ungelösten Fragen auf Biegen und Brechen durchgedrückt werden sollte, ohne entsprechendes Eingehen auf vernünftige Argumente und ohne erkennbare Rücksicht auf Verluste.
Und in einer Sondersitzung des Nationalrats räumt die neue Bundesministerin immerhin ein, dass in „verschiedenen Bereichen des österreichischen Gesundheitssystems“ „die Zunahme der Bürokratie“ eines der „Hauptprobleme“ sei. Ein Paradebeispiel dafür – bei Weitem nicht das einzige – ist, wieder einmal, ELGA. Geht man von der (optimistischen) Voraussetzung aus, dass dieses Benutzer-feindliche Produkt mit seiner vorgestrigen Technologie in der Arztpraxis und in den Krankenhäusern jedes Mal einige Minute mehr an Handling-Zeit veranschlagt als heute, so summiert sich das auf eine immense zusätzliche zeitliche Belastung auf. Die Zeitknappheit, die dadurch entstünde, ginge wohl in der Form von längeren Wartezeiten, kürzeren Arzt-Patient-Gesprächen und weniger Zuwendungsmedizin auf Kosten der Patienten.
Außerdem ist davon auszugehen, dass ELGA nicht nur Befundunsicherheit und Haftungsprobleme mit sich bringt, sondern auch enorme Zusatzkosten verursacht: Bei den Ländern und Spitalsträgern, und bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. Die neue Bundesministerin weiß das natürlich als Ärztin alles, die ELGA-Defizite sind für sie nichts Neues.
Aber letztlich zählen nicht Worte, sondern Dr. Oberhauser wird an ihren Taten zu messen sein. Es ist also zu hoffen, dass sie bei ELGA alle offenen Fragen und ungelösten Probleme thematisiert und im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beiträgt, dass hier gute Lösungen gefunden werden. Die Ärztekammer ist zu einem konstruktiven Dialog gerne bereit.