Die Wiener Patientenanwältin Dr. Sigrid Pilz äußerte sich gestern auch in der Printausgabe des „Kurier“ unter dem Titel „Wie man einen guten Arzt findet“ über die angeblichen Schwierigkeiten, auf die Patienten bei der Arztsuche stoßen können. Ihre Aussagen habe ich bereits anlässlich des Erscheinens eines Berichts zu diesem Thema in der online Ausgabe des „Kurier“ kommentiert. Dass Frau Dr. Pilz jetzt erneut so tut, als sei in Wien die Suche nach einem guten niedergelassenen Arzt etwas besonders Schwieriges und ohne ihre Hilfe nur schwer Mögliches, motiviert mich allerdings zu einigen prinzipiellen Überlegungen zu ihrem Amtsverständnis.
Denn während es ihren Vorgängern darum ging, als echte Anwälte der Patienten diesen diskret und ohne viel öffentliches Aufsehen zu helfen, wählt Dr. Pilz sehr einen anderen, problematischen Weg. Sie versteht sich offensichtlich in ihren öffentlich wirksamen Aktivitäten als Anwältin der österreichischen Gesundheitspolitik und der Politik des Wiener Rathauses.
Die „endlich in Angriff genommene Gesundheitsreform“, schreibt sie gleich im Vorwort zu ihrem kürzlich erschienenen Jahresbericht 2013, gäbe „Anlass zur Hoffnung“. Die von der Politik gewünschten „Versorgungszentren“ werden von ihr gepriesen, niedergelassene Ärzte seien bloß „verstreute Einzelkämpfer“, etc. Sprachlich und inhaltlich ist das der Stil der „Gesundheitsreformer“ in Gesundheitsministerium und Hauptverband, die in den Verhandlungen der vergangenen Monate tatsächlich den niedergelassenen Ärztebereich durch im Detail nicht näher definierte „Versorgungszentren“ ersetzen wollten – Ende der freien Arztwahl wohl inbegriffen. Und die sich erst durch das entschlossene Vorgehen der Ärzteschaft dazu veranlasst sahen, die gröbsten Unzumutbarkeiten aus dem Entwurf des Gesundheitsministeriums heraus zu streichen.
Folgerichtig werden im Jahresbericht der „Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich“ immerhin 6 Seiten gewidmet, ein Kapitel zum Thema Qualitätssicherung in Wiener KAV-Spitälern gibt es allerdings nicht. Lieber streut Dr. Pilz Wiens Gesundheitsstadträtin Rosen: Die gute Zusammenarbeit mit ihr sei „eine wichtige Voraussetzung dafür, das wir unsere Aufgabe bestmöglich erfüllen können.“
Einseitigkeit prägt nicht nur den Jahresbericht, sondern – das zeigt jede Online-Recherche – auch die sonstigen Medienaktivitäten von Dr. Pilz. Vorkommnisse in Gemeinde Wien-Spitälern kritisiert sie in Medien nur höchst selten. Kritisch kommentiert wird unter den öffentlichen Spitälern am ehesten noch das AKH Wien mit seiner besonderen Struktur (Ärzte sind dort Bundesbedienstete), dessen relative Selbstständigkeit der Wiener Gesundheitspolitik ein Dorn im Auge ist. Sehr gerne schießt sich Dr. Pilz auf Privatspitäler ein, sowohl auf Ordens- als auch auf Belegspitäler.
Auffällig auch ihr Engagement bei niedergelassenen Ärzten und ihre monotonen Stellungnahmen gegen die Ärztekammer. All das schließt selbstredend eine stramme Parteinahme nicht nur pro „Gesundheitsreform“, sondern auch pro ELGA mit ein – ungeachtet aller ungelösten Probleme bei Datenschutz, Kosten und Benutzerfreundlichkeit.
Dr. Pilz sollte sich also ihrer Aufgaben im Sinne einer Anwältin der Patienteninteressen besinnen, so wie das ihre Vorgänger gemacht haben. Eine Lobbyistin einer problematischen Gesundheitspolitik in der Verkleidung einer Patientenanwältin beschädigt das Ansehen der von ihr repräsentierten wichtigen Institution.