Ein Viertel weniger Vorsorgemammografien in Wien: Offener Brief an den Gesundheitsminister

Diesen offenen Brief habe ich heutegemeinsam mit den Wiener Fachgruppen-Vorsitzenden für AM, Radiologie und Gynäkologie und dem Präsidenten der Wiener ÄK an den Gesundheitsmiister gerichtet:

Sehr geehrter Herr Bundesminister für Gesundheit,

mit 1. Jänner 2014 wurde in Österreich das Brustkrebs-Früherkennungsprogramm eingeführt. Im Zuge der EU-weiten Bemühungen zur Verbesserung der Brustkrebs-Früherkennung wurden sowohl von der Österreichischen Ärztekammer als auch vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Bemühung des Gesundheitsministeriums maximal unterstützt, um das bisherige opportunistische Brustkrebs-Screening durch ein organisiertes Früherkennungsprogramm zu ersetzen.

Entsprechend unterstützen die Ärztekammer für Wien und die betroffenen Fachgruppen ausdrücklich die Prinzipien des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms.

Wie jedoch die ersten drei Monate dieses Jahres die Daten der Wiener Radiologinnen und Radiologen zeigen, wird das Briefeinladungssystem von den Frauen in nur 16 Prozent angenommen, wobei nur 1,1 Prozent der Frauen zu den Neuteilnehmerinnen gezählt haben. Somit ist dieses Einladungssystem äußerst weit von den EU-Zielen und Richtlinien einer 70-prozentigen Teilnahmerate entfernt. Auf der anderen Seite wurden viele Frauen daran gehindert, wie bisher eine Mammografie durchführen zu lassen, weil Ärztinnen und
Ärzte für Allgemeinmedizin sowie Gynäkologinnen und Gynäkologen keine Früherkennungsuntersuchung mehr zuweisen dürfen.

Insgesamt haben wir derzeit einen Rückgang der Mammografie-Untersuchungen in Wien von bis zu 24,5 Prozent, was statistisch bedeutet, dass wir in diesem ersten Quartal um ein
Viertel weniger Frühkarzinome entdeckt haben als im Vorjahr. Die unweigerliche Folge ist, dass diese Karzinome erst in einem späteren und möglicherweise nicht mehr heilbaren Stadium erkannt werden können.

Auch wir sind Ihrer Meinung, Herr Minister, dass ein neues Programm seine Einführungszeit benötigt und dass man erst nach zwei bis drei Jahren mit Sicherheit sagen kann, wie gut ein solches Programm von der Bevölkerung angenommen wird. Da wir aber damit die Gesundheit unserer Wiener Frauen massiv gefährden, müssen wir vehement im Sinne der Frauengesundheit Folgendes dringlich fordern:

– Die bisherige Möglichkeit für die Frauen, durch die Gynäkologinnen und Gynäkologen oder durch die Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin zur Brustkrebs-Früherkennungs-Mammografie geschickt werden zu können, muss auch in Zukunft gesichert sein – durch in der Ordination aufliegende Einladungen, welche durch den Arzt im Rahmen des Programms ausgehändigt werden.

– Das gute, richtige und sinnvolle Einladungssystem per Brief soll nur zusätzlich zum Einsatz kommen. Nur jene Frauen sollten einen Einladungsbrief erhalten, welche in einem Zeitraum von länger als zwei Jahren nicht bei einer Mammografie waren und älter als 40 Jahre sind.

– Organisierte Screening-Einladungen zwischen dem 45. und 75. Lebensjahr; davor und danach muss eine individuelle Überweisung zur Vorsorge-Mammografie weiterhin möglich sein. Die Altersbeschränkungen sind insofern aufzuweichen, als es in der Praxis den betroffenen Frauen nicht erklärbar ist, warum sie aus dem Screening ausgeschlossen sind. Diese Gruppe fühlt sich im hohen Maße aufgrund ihres Alters diskriminiert.

Wie von Ihnen vorgeschlagen, sollte das Programm nach drei Jahren evaluiert werden, um dann notwendige Anpassungen vorzunehmen. Zumindest bis dahin fordern wir den bisherigen Zugang zur Mammografie!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Johannes Steinhart,
Vizepräsident und Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte

ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres,
Präsident

MR Dr. Wolfgang Werner,
Obmann der Sektion Ärzte für Allgemeinmedizin

Dr. Friedrich Vorbeck,
Vorsitzender der Fachgruppe Radiologie

MR Dr. Georg Braune,
Vorsitzender der Fachgruppe Gynäkologie